Bekenntnisse eines ungeouteten Schwulen
Montag, 1. April 2013
"Warum so spät?"
Die Frage wird mir mittlerweile öfters gestellt. Sie ist kaum zu beantworten. Außerdem lässt sie eine leichte Unsensibilität durchblicken. Aber das darf man nicht persönlich nehmen. Es ist halt eine Frage, die so wohl nur von einer heterosexuellen Person gestellt werden kann, von einer Person, die sich seit Anbeginn der Pubertät ihrer Sexualität sicher ist und sich - vollkommen unbewusst - auf der Seite der Mehrheit wähnt. Es ist halt so und es ist normal. Ich denke nicht, dass sie sich eine Vorstellung davon machen können, zur sexuellen Minderheit zu gehören. Homosexuelle sind eine Minderheit, nicht nur im statistischen Sinne, sondern auch im Sinne aller negativen Assoziationen, die der Begriff mit sich bringt: Extreme Klischeesierung, Intoleranz von (weiten?) Teilen der Gesellschaft, reale rechtliche Benachteiligungen (Stichwort: Blutspende, Ehe) ... Und das "Tolle" an der Homosexualität ist im Gegensatz zu den meisten anderen Minderheiten hat man die Möglichkeit, sie zu verstecken. Eine Möglichkeit, die von fast allen Homosexuellen zuerst dankbar genutzt wird; wie heißt es so schön im Englischen: "being in the closet". Und wie lange man nun im stillen Kämmerlein wartet, das ist eine persönliche Angelegenheit, abhängig vom Mut, von der wahrgenommenen Welt um einen herum und natürlich der eigenen Einstellung. Das ist alles ganz und gar nicht simpel. Und bei dem einen dauert es vielleicht nur ein Jahr, bei dem nächsten 10 Jahre, bei dem anderen 20 und bei jenem wiederum 30. Und dann gibt es die Leute, die sich bis an ihr Lebensende nicht trauen, zu dem, was sie empfinden, zu stehen und danach zu handeln. Ich jedenfalls bin der festen Überzeugung, dass dies tägliche Realität ist. Und dass dies unfassbar traurig ist, das muss ich hoffentlich nicht erwähnen. Habe ich ich jetzt eigentlich die Frage beantwortet...?

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es ist nie zu spät
ja, du hast du frage gut beantwortet ;-) ich glaube, die grosse aufgabe im leben (von der uns leider erstmal niemand erzählt), ist, dass wir herausfinden müssen, WER WIR eigentlich sind, damit WIR UNSER leben können und nicht das von irgendjemand anderem.
eltern, freunde, gesellschaft, arbeitgeber etc. wollen im allgemeinen hauptsächlich, dass wir für SIE irgendwie funktionieren. aber sind WIR das dann noch - wenn wir "funktionieren"? wahrscheinlich nicht.
DAS problem haben übrigens nicht nur schwule, dass sie oft nicht zu sich selbst finden und IHR leben leben. am ende liegen sicher viele leute auf dem sterbebett und denken: "hätte ich doch bloß!"
die zeit, die man verliert, ist sicher ein punkt. aber die hauptsache scheint mir, dass es ÜBERHAUPT passiert. dass man, wie du sagts, eben den mut zusammen nimmt und endlich LEBT.
ich denke, es ist ganz egal, wann es passiert, die hauptsache, ist DASS es passiert.

lieben gruß
wolfgang

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Letzte Aktualisierung: 13. Juli, 02:03
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