Autor und Philosph John Corvino, den ich erst neulich über Gay West kennengelernt habe, über das Phänomen des späten Coming-Outs. Schön zu lesen, besonders für mich. Man fühlt sich verstanden. Corvino beschreibt darin sogar den Fall eines "fortysomethings", der nicht mehr bereit ist, den emotionalen Stress und den Spießrutenlauf, den besonders ein spätes Coming-Out darstellen würde, auf sich zu nehmen. Ich muss zugeben, dass ich manchmal auch mit dem Gedanken spiele, einfach ungeoutet und jungfräulich zu bleiben. Es gibt wahrlich Schlimmeres, als dass man als alte Jungfer stirbt. Aber gut, eigentlich ist das keine Option für mich, außerdem bin ich Ende Zwanzig, da ist das alles noch nicht ganz so schlimm. Für dieses Jahr habe ich mir eigentlich auch vorgenommen, mal etwas auf diesem Gebiet zu bewegen. (War das aber nicht auch schon ein Neujahrsvorsatz für letztes Jahr?)
Der für mich wichtigste Satz aus Corvinos Artikel ist ja: "The first [lesson] is that even if someone's coming out is no big deal to you, it does not follow that it's no big deal to them." Mehr Wahrheit geht ja eigentlich nicht. Ich bin z.B. nicht total verblendet und denke, meine Freunde hätten sich niemals untereinander gefragt oder vermutet, ob oder dass ich schwul bin. Oder vielleicht gehen sie gar einfach davon aus. Nützt mir aber irgendwie gar nichts. Im Gegenteil, es macht alles schlimmer. Umso länger man wartet, umso peinlicher wird es einem, dass man länger wartet, obwohl es ja "no big deal" ist - denn es wissen ja eh alle (vielleicht). Das ist eine Art Peinlichkeitsspirale. Da wünscht man sich manchmal schon, dass jemand einem das WD-40 reicht, um die festgeklemmte "closet door" aufzukriegen. Und gleichzeitig sieht man ein, dass man dies von niemandem verlangen kann, es ist schließlich ein sensibles Thema: Und woher soll ein Freund, der vermutet, dass man schwul ist, wissen, ob man auch bereit ist, darüber zu sprechen ...?