Bekenntnisse eines ungeouteten Schwulen
Mittwoch, 20. Februar 2013
Am Urinal... oder: Locker-Room-Dynamics
Nein, dies hier wird keine Geschichte vom obergeilen Schwulen, der sich im Pissoir nach Riesenschwänzen umschaut, um sie dann durchs Glory Hole genüsslich abzuschlecken. Entgegen des modernen Mythos wollen die meisten Homos nämlich nur das Eine auf dem Klo: Pullern. Ich will in diesem Text mein Verhältnis zu all den Situationen klären, in denen Männer ihre Schwänze bereitwillig in freier Sichtbahn hängen lassen, am Urinal, im Umkleideräume, in der Gemeinschaftsdusche, in Saunen usf. Okay, das Verhältnis ist schnell beschrieben: Es gibt keines. Ich habe es bisher eigentlich immer gemieden, mir die Blöße vor anderen Männern zu geben. Ich stelle mich selten ans Urinal - ich wäre eh gehemmt, wenn da jemand neben mir stände, und würde keinen Tropfen rausbekommen. (Am besten sind diese länglichen Urinal-Tröge, wo die Pimmel wie Kühe aufgereiht sind.) Und einer der Gründe, lieber Zivildienst zu machen, sicher nicht nur für mich? Natürlich die Gemeinschaftsduschen bei der Bundeswehr...

Grund Nr. 1 für diese Vermeidungen: Scham. Ja, obwohl ich es besser wissen sollte, vernünftig sein sollte, wissen sollte, dass mein Penis und seine Größe nun wirklich keine Sau interessiert, habe ich trotzdem Angst vor der Möglichkeit, ausgelacht, angesprochen oder angestarrt zu werden. Der Körper hat da auch eine ganz perfide Strategie, mich in dieser Situation zu schützen: "Pump Blut rein, dann wird er größer!" Na bravo, besser kann's nicht werden. Mir ist es schon oft passiert, wenn ich so die Chance eines leeren Pissoirs genutzt und mich allein ans Urinal gestellt habe, dass allein die Vorstellung eines Nebenstehers zu einer Semierektion geführt hat. Und nein, sexuell motiviert ist das nicht. Wie schon gesagt: Ich bin da, um zu pullern. Wie man sieht, mit derlei wunderbaren psychosomatischen Fähigkeiten ausgestattet, kann jede peinliche Situation im Umkleideraum zu einem echten Knaller werden. Zugegeben, ich weiß zwar nicht, wie es da abläuft, aber falls es die typischen Locker-Room-Dynamics gibt (das Machogebahren, die homophoben Sprüche, das gegenseitige Aufziehen), dann ist es gut, dass ich ihnen bisher aus dem Weg gegangen bin.

Grund Nr. 2: Angst vor sexuellen Spannungen. Ja, ich wiederhole es gerne - für die meisten Schwulen haben all diese Situationen nichts Sexuelles. Der Mensch ist nun einmal auch ein pragmatisches Wesen und kann Lebensbereiche voneinander trennen. In der Gemeinschaftsdusche will man nach dem Sport sauber werden und sich nicht seine Partner aussuchen. Klar, es kann sicher einmal vorkommen, dass man den einen oder anderen Mitduscher sexy findet. (Aber Entwarnung für den verängstigten Hetero: Kein Homo wird dich unter der Dusche anspringen. Manchmal bist du halt ein Sexualobjekt für einen Schwulen - get over it!) Für mich als Ungeküssten und Unberührten ist das Verhältnis zu anderen Männerkörpern natürlich noch einmal 10.000-fach instabiler. Wer weiß, was da passiert. Das will ich nicht erleben! Meine Hemmungen, die sich seit meiner Pubertät herausgebildet haben, waren wohl frühe Anzeichen einer noch unbewussten Homosexualität. Ein unbewusstes Spüren, dass es zu sexuellen Spannungen kommen könnte. Ich denke mal, dass wird sich legen, wenn ich mal einen Freund und ein bisschen mit seinem Penis gespielt habe. Ich hoffe es, denn eigentlich finde ich dieses psychologische Affentheater total lächerlich. Was ich will, das ist im Locker-Room ganz locker und entspannt sein. Was man will, das ist aber manchmal nicht das, was man kann...

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Letzte Aktualisierung: 13. Juli, 02:03
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