Bekenntnisse eines ungeouteten Schwulen
Mittwoch, 14. November 2012
Gaydar
Gaydar - das soll die Fähigkeit sein, die homosexuelle Orientierung eines Mannes zu erkennen. Der Schwulenradar also. Und das ist ja schon was: Schließlich ist es ja so, dass man niemandem an der Nase ablesen kann, ob er auf Männer oder Frauen steht. Oder doch?

Die meisten Fälle eines angeblich funktionierenden "Gaydars" basieren wohl eher auf Klischees als wirklicher Beobachtungsgabe. Die Metapher legt ja nahe, dass Verstecktes und Verborgenes erfasst werden kann - eben wie ein Radar Verstecktes und Entferntes sichtbar machen kann. Wer sich also im Besitz dieser Fähigkeit sieht, weil er oberflächliche Schwulenklischees zu erkennen meint und gleich mit einer entsprechenden sexuellen Orientierung verknüpft, ist wohl eher Opfer seiner Vorurteile als aufmerksamer Beobachter. Wir kennen diese alle: Schwule sind modebewusst, körperbetont, augenbrauen-gezupft, gebräunt, dabei verfeinert im Ausdruck, ganz ohne Machomarotten, bis hin zu wandelnden Dauerparodien von Weiblichkeit ("Homofürsten", "Schwuchteln", "Tucken"). Besonders die mediale Repräsentation des Schwulen als etwas, das nicht normal im weitesten Sinne sein kann, sondern immer hyperaktiv-hysterische Kreischmaschine mit nasaler Lautabsonderung und Catwalk-Schritt, hat wohl den Mythos des Gaydars angefeuert. Dass es diesen Typ Schwuler wirklich gibt, steht hier gar nicht zu Debatte. Aber ich hab ja das Gefühl, dass er eine verschwindend kleine Minderheit unter den Schwulen ist - der mir übrigens auch auf den Zeiger geht, aber nicht qua seiner Homosexualität, sondern weil ich Hysterie und jene gewisse Oberflächkeit, die mit diesem Typ Mensch einhergeht, nicht abkann. (Das Vorurteil lässt ja leider keine Trennung dieser persönlichen Charaktermerkmale von der sexuellen Orientierung zu, sondern mischt sie...) Wer jedenfalls meint, einen Gaydar zu besitzen, weil er das erkennt, verdient nicht mal ein Bienchen im Notenheft.

Viele wird es vielleicht beunruhigen, aber den meisten Schwulen ist ihre Homosexualität eben nicht in Gestus und Ausdrucksweise eingeschrieben. Ich gehe da einfach mal frech von mir aus, den ich für relativ normal halte. Und dann wird es schon schwieriger - vielleicht ist es ein scheuer Blick eines Mannes auf den Arsch eines anderen, der etwas verraten kann. Oder gar der Blick in den Schritt - aber checken nicht alle Männer, was die anderen so in der Hose haben? Klar, manchmal meint man ja selbst, den siebten Sinn fürs Schwule zu haben. Fitnessguru Shaun T, Erfinder des ziemlich harten Insanity-Programms (hab ich abgebrochen - der gestählte Körper ist mir die Schinderei einfach nicht wert), sendete in seinen Trainingsvideos auf jeden Fall ein paar Vibes herüber, aber nichts genaues ließ sich im Internet herausbekommen. Vor einigen Wochen hat er sich geoutet. Aber vielleicht war auch das nur ein Klischee: Der schwule Fitnesstrainer...

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Letzte Aktualisierung: 13. Juli, 02:03
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